Sergiusz Piasecki

Der Geliebte der Großen Bärin

Vorwort

Wir lebten wie die Könige. Den Wodka soffen wir gläserweis. Herrliche Mädchen liebten uns. Wir schritten über goldenen Boden. Wir zahlten mit Gold, zahlten mit Silber, zahlten mit Dollars. Wir zahlten für alles, für den Wodka und für die Musik. Liebe vergalten wir mit Liebe und Hass mit Hass.

Ich hing an meinen Kameraden, denn sie enttäuschten mich nie. Sie waren rauhe, ungehobelte Männer; aber mehr als einmal erwiesen sie sich als so großmütig, dass sie mir rätselhaft wurden. In solchen Augenblicken dankte ich der Schöpfung, ein Mensch zu sein.

Ich liebte die frühen, verzauberten Stunden der Frühlingstage, wenn die Sonne wie ein Kind spielte und Farbe, Glanz und Schimmer über den Himmel warf.

Ich liebte die späten Sonnenuntergänge des Sommers, wenn die Erde vor Wärme dampfte und der Wind über die duftenden Felder strich und Kühlung brachte.

Und ich liebte den bunten, rätselhaften Herbst, wenn Gold und Purpur von den Bäumen wehten - wenn Gold und Purpur einen Teppich wirkten und die Schwaden des grauen Nebels durch die Tannen zogen.

Ich liebte die frostigen Nächte des Winters, wenn die Stille die Luft dichter werden ließ und der verträumte Mond das Weiß des Schnees mit Diamanten schmückte.

Inmitten dieser Wunder, inmitten dieser Schätze, dieser Farben, inmitten dieses Glanzes lebten wir - Kinder, die sich in ein Märchen verirrt hatten. Wir waren nicht dazu gemacht, um die nackte Existenz zu kämpfen: wir verlangten Bewegungsfreiheit, wir wollten unsere Freundschaft feiern. In unseren Köpfen stürmten alle Winde, in unseren Augen spielten die Blitze. Die Wolken tanzten berauschende Tänze über unseren Häuptern, die Sterne grüßten uns. Karabinerschüsse gaben uns den Salut, wenn wir kamen und wenn wir gingen. Oft war es der Salut des Todes - des Todes, der ratlos in die Runde tanzte und nicht wußte, wen er als nächsten aus unserer Kameradschaft reißen sollte.

Die Herrlichkeit des Lebens ließ meinen Atem stocken. Ein geringer Anlaß schon trieb mir die Tränen in die Augen. Und immer wieder brach einer in die fürchterlichsten Flüche aus, um gleich darauf wieder wie ein Kind zu lächeln und meine Hand zu drücken, fest und hart.

Wir machten nicht viel Worte. Aber Wort war Wort, und ich konnte ein jedes verstehen. Ich wußte immer, dass keiner eitle Reden verschwendete und leere Eide schwor; das machte ihre Worte so sicher.

So war es ein Wirbel törichter Tage und verrückter Nächte, mit denen uns ein Irgendwer aus seinem unergründlichen Ratschluß bescherte. Und über allem: über uns, über der Erde und über den Wolken stand am nördlichen Himmel der Große Wagen... herrschte das einzigartige, gewaltige, unbeschreibliche Sternbild, Die Große Bärin, wie Pietrek der Philosoph es genannt hatte.

Von ihr, und von uns, den Schmugglern, von der Grenze will ich berichten, eine Kunde vom Schmerz und der Sehnsucht nach Schönheit, nach Wahrheit, von der Liebe zur Schöpfung und zu den Menschen.

Kurzbiographie