Barbara Guest

Einige Gedichte aus Moscow Mansions

in deutscher Übersetzung von Johannes Beilharz

   

~ Rote Lilien

Jemand hat sich daran erinnert das Geschirr abzutrocknen;
sie haben den Unfall aus dem Backofen genommen.
Danach Lilien zum Abendessen; da
werden die Linien vor dem Fenster
in den steinernen Tisch hineinradiert

Das Papier fliegt hoch
dann runter mit dem Wind
der seinen Vogelgesang wiederholt wiederholt.

Diese Arme unter dem Kissen
die grabenden Arme die sich nachts
spalten während der Schlepper Wasser tritt
nennen sich Äste

Der Baum bist du
die Decke ist es die ihn wärmt
Schnee eruptiert von der Distel
bis zum Zeh; der Schnee fließt aus dir heraus.

Eine kalte Hand auf dem Geschirr
stellt eine Untertasse ab

in ihr die sich zum Abendessen auszog
dieses Haar in den Schnee gleiten ließ

Die Zündflamme
am Herd ging aus

Die Zeitung gefaltet wie eine Serviette
andere Schwingen flogen in den Stein.

   

~ Illyrien

Und ich hatte recht wie die Dämmerung droben
hörte der Boje zu wie man dies häufig tut
eine Brücke während Brauen unter ihr durchtreiben ja
es war ein Weg der Kirchtürme der Bauarbeiten
von Verbanhäufungen. Auch ich bewundere die Art
wie Wasser in der Hand geschrieben wird hin und
herreitend und auch die Augenblicke des Grüns die
wie Absätze auf die Stationen zeigen
die wir betreten und verlassen müssen seltener dabei
Bäume zählend; es gilt viel nachzuahmen
nicht nur Eisenbänder sondern auch diese Wellen in die
man nicht mehr eintauchen kann und die nahtlosen Risse
die so edel sind wie du allesfressend erläuterst
nachdem du sowohl Nagel als auch Hammer verschlungen hast,
wie eine aus Rhythmus und Weiße zusammengesetzte Insel.
Die Nacht ist sanft mit dem Versprechen
einer Birne im Gleichgewicht wie es ist dieses Fallen.

   

~ Tscherkessen

In Gesellschaft von Tscherkessen bin ich ganz aufgeregt
fast treiben sie mich zur Verzweiflung.
          Dieser Vetter mit seinem Schnurrbart
sie scheinen zu wissen was mit
          Traurigkeit und was mit Ekstase getan werden sollte
fast wie die Iren

und wer bin ich schon mit meinen gemischten Gefühlen?

          Ich lege meinen Füller weg
und ich habe einen Bleistift gefunden
          nicht irgendeinen Bleistift
          sondern einen in Deutschland hergestellten

den ich in Frankreich kaufte.

Caroline hat mich zum Mittagessen eingeladen.
Wir essen ein Steak
Gurken
Rettiche
wir drinken Wodka. Polnischen Wodka.

          Ich schaue Fotos an.
Ihre Großeltern vor ihrem Zelt.

          Großvater
in Tunika und Hosen.
          Im Gürtel trägt er ein Messer.
Seine Bluse und seine aufgeblähte Pluderhose
          so sollte ich sie beschreiben.
Seine Frau ist scheu und ebenfalls bauschig.

          Wir sind in einem Dorf
          oben auf dem Berg
          sieh nur: dieser Abgrund!

Das sind ihre Großeltern.

Auch Caroline wurde fotografiert.
Am Strand von Amagansett
          wie offensichtlich
          ihr Gesicht aus dem Kaukasus
          auch die schrägen Augenlider
          die gespannte Haut in der Nähe der Augen!

Wie bemerkenswert sie ist!

          Caroline ist viele Werst
          von Jahni Poljana entfernt

          Carolines Apartment befindet sich
          in New York

Wir sind Nachbarn und bewundern uns gegenseitig.

Wie wär's mit einem Glas Wodka.

   

~ Wieder ein Juli

Erde auf meinem Fuß.
Bim. Bam. Hoppla.
Herrliche Kuchen am Morgen
Streifenlose Luft.
Unter den Augen ein neuer Glanzduft;
Blumen und Schattierungen an jemandes Türschwelle
(Schuyler in seiner Küche Salami essend
in Gedanken an den leeren Geist von Clare,
seine Hand mit ein bißchen Mayonnaise
danach ausstreckend)

Die Straße runter ein Briefkasten blau wie Phlox.
Also.
Etwas Jäten. Raus damit.
Autsch.
Erde fällt auf meinen Fuß
Warm wie Tod. Oder
in Erinnerung daran.

    

~ Stimmen zu Moscow Mansions

»Barbara Guest bekräftigt mit Moscow Mansions, dass sie eine unserer größten Dichterinnen ist:  gehärtete Metaphorik, klarer Klang, eine klare Weltsicht und die Partikel der Wahrnehmung zusammengeschweißt zu einem fluiden Ganzen. Von einer selbst erfahrenen Kenntnis von Dadaismus und Surrealismus ist sie zur Schöpfung eines ihr ganz eigenen Lyrismus übergegangen. ... Ihre Bilder sind wie Vögel, die sich auf ihrer Hand niederlassen und dann wieder emporschwingen.«

James Schuyler

»Ich habe Barbara Guest schon immer für eine der größten Lyrikerinnen dieses Landes gehalten. Moscow Mansions bestätigt mein Gefühl.«

– Helen Frankenthaler

 

 

Die Originale dieser Gedichte (Red Lilies, Illyria, Circassians, Another July) stammen aus:

Moscow Mansions
Poems by Barbara Guest

New York: The Viking Press 1973

Copyright © The Viking Press / Barbara Guest 1973
Copyright © der Übersetzung Johannes Beilharz 2000. 
Mit freundlicher Genehmigung von Barbara Guest.

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