Sinclair Lewis

»Er war ein weit wichtigerer und einflussreicherer Schriftsteller als Hemingway oder William Faulkner.«
      James T. Farrell

»Ob er nun den mittleren Westen so geschildert hat wie er ist, das vermag nur der mittlere Westen zu sagen, doch hat er Tausende auf der ganzen Welt auf seine Existenz aufmerksam und auf Weiteres neugierig gemacht.«
      E.M. Forster

Sinclair Lewis
(Foto von Man Ray)

Geb. 7.2.1885 Sauk Center, Minnesota,
gest. 10.1.1951 Rom

Lewis, Sohn eines Arztes, studierte einige Zeit an der Yale University, fuhr in den Sommerferien mehrmals auf Viehdampfern nach England und wurde 1907 Journalist. 

Er arbeitete in Upton Sinclairs sozialistischer "Helicon Home Colony" mit; jahrelang durchstreifte er im Auto die USA. 1926 lehnte er den Pulitzerpreis für Arrowsmith ab, 1930 erhielt er als erster Amerikaner den Nobelpreis. 1928-42 war er in zweiter Ehe mit der Journalistin Dorothy Thompson verheiratet. Immer wieder Alkoholprobleme. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er in Italien (Florenz).

Main Street (1920) machte Lewis mit einem Schlage berühmt. Gopher Prairie, ein Abbild seines Geburtsortes im mittleren Westen der USA, wurde rasch sprichwörtlich. Der eigentliche Held ist die Hauptstraße dieses amerikanischen Seldwyla, dessen provinzielle Enge sich stärker erweist als die Reformpläne der zugezogenen Arztfrau Carol Kennicott.

Auf die Satire der Kleinstadt folge in Babbitt (1922) die des amerikanischen Spießers und Konformisten (Babbitt ist Immobilienmakler in der ebenfalls im mittleren Westen angesiedelten imaginären Stadt Zenith). Arrowsmith (1925) ist der Roman eines Arztes, der sich als einsamer Idealist schließlich aus seiner korrumpierten und profitgierigen Umgebung zurückzieht. Dieser Kritik am amerikanischen Medizinwesen folgte die an den Sekten: Elmer Gantry (1927) über die Karriere eines heuchlerischen Predigers. Dodsworth (1929) schildert die Europareise eines amerikanischen Ingenieurs und Millionärs, die zur Trennung von seiner oberflächlichen Frau führt. Der Roman Ann Vickers (1933) – ein so großer Erfolg, daß er das Überleben des Verlages Doubleday sicherte – schildert die Verhältnisse in einem Frauengefängnis im Süden der USA. Von den späteren Werken ist It Can't Happen Here das thematisch interessanteste: die Utopie eines faschistischen Regimes in den USA, die Lewis nach deutschem Muster ausmalt. Der historische Roman The Godseeker (1949) wurde von der Kritik als anachronistisch zerrissen; dabei wird jedoch außer Acht gelassen, daß durch die für Lewis typische historische Genauigkeit ein hervorragendes Gefühl für die behandelte Epoche (beginnende Besiedelung von Minnesota Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts) vermittelt wird. In seinem letzten Roman World So Wide (1952) greift Lewis nochmals das Thema Europa/Amerika auf (er läßt Sam Dodsworth aus dem Roman von 1929 als Nebenfigur wieder aufleben), erreicht jedoch bei weitem nicht die Tiefe des älteren Romans.

Lewis' Beobachtungsgabe, sein Gespür für die gesprochene Alltagsrede, die scharfe Zeichnung vieler Nebenfiguren (an Charles Dickens erinnernd), machten sein Hauptwerk zu Musterfällen eines kritischen Realismus. Die Ambivalenz seiner Haltung gegenüber Amerika gestand er selbst ein. Das spätere Werk fällt gegenüber den Werken der Zwanziger- und Dreißigerjahre ab. In den letzten Jahren nimmt das Interesse für Lewis in den USA wieder zu, Zeichen dafür ist u.a. die Wiederveröffentlichung der frühen Romane The Job (1917) und Free Air (1919).

Die Biographie Sinclair Lewis, An American Life von Mark Schorer (1961), umfassend und gründlich recherchiert, zeichnet ein überwiegend unsympathisches Bild von Lewis, das von der neueren Literatur teilweise in Frage gestellt wird.

Zu einer Neubewertung trägt auch die 2002 veröffentliche Biographie Rebel from Main Street von Richard Lingeman bei. Er schreibt im Schlusskapitel: »Er war ein literarischer Soziologe, dem es wichtig war, Amerika genau anzuschauen und der sein Land besser kannte als die meisten Autoren seiner Generation. Seine politischen Ansichten waren eine Mischung aus altmodischem Populismus und stadtreformerischem Idealismus; seine literarischen Vorbilder waren Dickens und Wells. Er setzte eine hohe Messlatte an die amerikanische Gesellschaft an und fand, dass sie nicht gut genug war. Wer aber sonst nahm die Fehler seines Landes mit solch geistsprühend-witziger, ambivalent-liebevoller Satire aufs Korn? ... Er schrieb mit wahrer moralischer Leidenschaft. Amerika lag ihm am Herzen.«

Derzeit sind folgende Titel von Sinclair Lewis im Buchhandel erhältlich: Amazon.de

Kommentare zu deutschen Ausgaben einiger Werke:
Benzinstation, Wie ist die Welt so weit, Die verlorenen Eltern, Cass Timberlane, Bethel Merriday

Zusammengestellt von Johannes Beilharz im Juli 2000, revidiert im März 2005. Zitate übersetzt von Johannes Beilharz.